Thursday, June 21, 2012

Typisch Absurdistan: »Leistungsschutzrecht«

In absurdistanischen Medien ist viel vom so genannten »Leistungsschutzrecht (für Presseverleger)« die Rede, einem selbst für absurdistanische Verhältnisse außergewöhnlichen Euphemismus.

Websites leben davon, dass man sie auffinden kann. Ohne Suchmaschinen wie Google, die die Seiten automatisch und für den Betreiber kostenlos indizieren und auf sie verweisen, ist eine Web­site für die überwiegende Mehrzahl der Internetnutzer unauffindbar.

In normalen Staaten wären die Betreiber der Websites froh darüber, dass jemand diese Dienstleistung kostenlos erbringt. Anders in Absurdistan mit seinen Gierschlünden, die bildlich gesprochen VY Canis Majoris als Ganzes verschlingen könnten, ohne schlucken zu müssen und allen Ernstes dafür bezahlt werden wollen, dass jemand diese für das Überleben der Site wahrscheinlich unverzichtbare Dienstleistung erbringt.

Wenn ich mir die Gier der Absurdistanischen Musikverwertungs-Gesellschaft AMG (oft als OMG verballhornt) auf Youtube anschaue, die dazu führen, dass vom Label eines Musikers zu Werbe­zwecken online gestellte Videos in Absurdistan nicht verfügbar sind, gehe ich davon aus, dass die Firma Google, die nicht nur hinter der gleichnamigen Suchmaschine sondern auch hinter youtube steht, ganz ähnlich vorgehen und die Einführung eines Leistungsschutzrechts damit beantworten wird, dass die entsprechenden Links entweder in Absurdistan nicht angezeigt oder die Seiten überhaupt nicht indiziert werden.

Um dies zu erreichen bräuchte es aber kein spezielles Gesetz, hierfür können die Sitebetreiber selbst sorgen und zwar mittels einer Datei mit dem Namen robots.txt, die vorgibt, was Suchmaschinen bei einer Site indizieren dürfen und was nicht; beispielhaft sei hier auf die robots.txt von »last.fm« verweisen. Diese ist insofern lustig, dass sie in den folgenden drei Zeilen die Robotergesetze wiedergibt.
Disallow: /harming/humans
Disallow: /ignoring/human/orders
Disallow: /harm/to/self
In anderen Ländern als Absurdistan würde ich die Frage stellen, warum der Gesetzgeber nicht aus ethischen oder zumindest wirtschaftspolitischen Gründen ablehnt, den Website-Betreibern Hilfe beim wirtschaftlichen Suizid zu leisten. So aber zitiere ich nur den alte Wahlspruch Absurdistans: Den Aberwitz in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.

Thursday, March 15, 2012

Wahllos in NRW

Durch politische Ereignisse überrumpelt wurde der Landeswahlleiter von Nordrhein-Westfalen. Vermutlich ist die Dame gerade sehr beschäftigt, die Wahl, die spätestens in 59 Tagen stattfinden muss vorzubereiten und hat keine Zeit, für eine Aktualisierung der Internetseiten zu sorgen.

Wahllos in NRW

Sunday, March 11, 2012

Nun doch: Kabarettist als Päsidentschaftskandidat

Als der Kabarettist Gregor Schlamm (der gerne verbal mit eben diesem wirft) nicht für das Amt des absurdistanischen Präsidenten antreten wollte, wurden Befürchtungen laut, dass diesmal kein geeignter Kandidat gefunden wird, der die für dieses Amt unerlässliche Kombination aus Satire und Zynismus verinnerlicht hat.

Glücklicherweise fand sich schnell geeigneter Ersatz in der Person des begnadeten Realsatirikers Joaquim Gau, der mit seinem Künstlernamen auf den größten anzunehmenden Unfall bezug nimmt und für verschiedene Rollen bekannt ist, mit denen er sein Publikum entgeistert.

Sein Debüt gab er als vorgeblicher Prediger einer monotheistischen Sekte im für mehrere Jahrzehnte unabhängigen Nordabsurdistan, bei dessen Regierungsform bis heute darüber gestritten wird, ob es sich um eine Oligarchie oder eine Gerontokratie handelte. Seine Rolle lebte damals von der Spannung zwischen dem Sich-Arrangieren mit dem existierenden repressiven System und der vorgeblichen Gegnerschaft zu eben diesem System.

Mit Wohlgefallen hat der Absurdistanische Landbote nun einen Telepolis-Artikel zur Kenntnis genommen, der sich zwar vorgeblich mit einem Kandidaten für das Amt des deutschen Bundespräsidenten beschäftigt, in Wirklichkeit jedoch vom Absurdistani Joaquim Gau handelt. Die Parallelen zwischen Nordabsurdistan und der DDR und den Rollen Gaus und Gaucks sind so frappierend um hier einen Zufall anzunehmen.

Man gewinnt immer wieder den Eindruck, Absurdistan und Deutschland seien der gleiche Ort in unterschiedlichen Paralleluniversen. Es scheint gerade so, als sei das gaianische weltweite Datennetz auf mysteriöse Weise mit einem Datennetz auf dem Planeten Erde verbunden. Was natürlich absurd ist, denn Erde ist der Name, den die ältesten Religionen als Herkunftsort der Stadt Atlantis nennen, die in der Mythologie plötzlich erschienen und der Herkunftsort aller Menschen auf Gaia sein soll.

Es gibt zwar bis heute Anhänger der Idee, dass dieses Atlantis real ist und aus einem Paralleluniversum stammt, aber diese Vorstellung treibt die Tradition der absurden Geschichten doch etwas zu weit.

Saturday, March 3, 2012

Erratische Union und ACTA

Absurdistan ist eines der Mitgliedsländer der Erratischen Union (EU) und als solches vom Anti-Creativity Taboo Armageddon (ACTA) bedroht. Wie nun bekannt wurde, versucht der Handelsausschuss des Erratischen Parlaments (EP) ein Rechtsgutachten zu diesem Mach­werk geheim zu halten, weil es den Schluss nahelegt, dass ACTA keinesfalls ratifiziert werden sollte.

Es ist sehr schön zu beobachten, wie das EP hier dem Vorbild Absurdistans folgt. In normalen demokratischen Rechtsstaaten wäre die logische Reaktion auf ein derartiges Rechtsgut­achten, es unverzüglich öffentlich zugänglich zu machen. Nicht so in Absurdistan oder der EU, die – wie es nun den Anschein hat wohl zu Recht – oft Groß-Absurdistan genannt wird.

Besonders absurd ist, dass das Rechtsgutachten erst öffentlich war und diese Veröffentlichung dann wieder zurückgezogen wurde. Glaubt irgendjemand, dass das Dokument nicht längst überall verteilt wurde? Man erlaube mir ein wenig aus dem »executive summary« er mir vorliegenden Kopie zu zitieren:

Formal negotiations were launched in October 2007 and concluded after 11 rounds in October 2010 in Tokyo, Japan. Negotiating parties included: Australia, Canada, Japan, the Republic of Korea, Morocco, New Zealand, Singapore, Switzerland, Mexico, the United States, and the European Union. The major emerging economies, China, Brazil and India appear not to have been formally invited to participate.
Herrlich absurdistanisch wird hier in einem knappen Satz erwähnt, dass drei Länder, die nicht nur wichtige Wirtschaften sind sondern auch 40 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren, ein Mitspracherecht an einem recht zentralen internationalen Wirtschaftsvertrag verweigert wurde.
… The decision to maintain secrecy until the release of draft text in mid-2010 was to prove a significant handicap to public understanding and support for the treaty. The secrecy allowed significant misapprehensions to develop, while making it difficult for negotiators to communicate the actual scale and content of what was being achieved. There were also concerns related to; when documents would be made public; whether public interest groups had the same access as business and rightholder groups; what effect and relationship ACTA would have with the TRIPS Agreement, when and how much time the European parliament would have to exercise its duties and prerogatives to properly evaluate the treaty.
Dieser Lobgesang auf den absurdistanischen Nationalsport Fail-as-Fail-can lässt die aburdstanische Seele frohlocken, ich habe das herrliche Kleinod des von der absurdistanischen Literatur so gelieben Stilmittels der grotesken Untertreibung besonders hervorgehoben. Aber das Absurditätenkabinett hat eben erst geöffnet.
This study addresses two key questions regarding ACTA. Is it in conformity with the EU Acquis; and is it in conformity with the existing international obligations of the EU and its member states?

Nach typisch absurdistanischem Vorbild werden hier also die rechtlichen Implikationen untersucht, nachdem das Kind bereits in den Brunnen gefallen und der Vertrag unterschrieben ist. Und das bei Fragen, die die Vereinbarkeit mit bestehenden Verpflichtungen betreffen. Natürlich kam vorher niemand auf die Idee, dies zu tun.
The provisions of ACTA appear to rest, in most cases, within the boundaries of EU law. However, in some cases, ACTA is arguably more ambitious than EU law, in that it enables a degree of protection that appears to go beyond the limits established in EU law. The primary area of concern is that of border measures, especially the expansion of the scope of such measures to all other forms of intellectual property, except for patents. Other areas that need clarification include: whether the criteria for damages in ACTA (i.e., the value of the goods or services concerned measured by market or retail price) fully match the criterion of “appropriateness of the damage to the actual prejudice suffered” envisaged in the IPR Enforcement Directive
Herrlich, einfach nur herrlich. Der einzige Grund, warum für die Formulierung »Die Bestimmungen von ACTA scheinen sich in den meisten Fällen innerhalb der Grenzen des EU-Rechts zu bewegen.« in einem Rechtsgutachten zu ACTA nicht gleich der Georg-Bjukhner-Preis verliehen wird dürfte darin zu sehen sein, das der Text nicht auf Absurdistanisch geschrieben wurde.
ACTA extends criminal measures of indirect commercial benefit, which may contradict the Parliaments position that acts ‘carried out by private users for personal and not-for-profit purposes’ were to be excluded from the scope of the IPRED2.
Und wieder ist es selbst für diejenigen, die das Rechtsgutachten erstellt haben, ersichtlich, welche rechtlichen Auswirkungen ACTA nun eigentlich haben will
Parties can implement national legislation that complies with both the ACTA and the TRIPS Agreement. However, while ACTA purports to build on the TRIPS Agreement, it does not, except in the most general terms (Article 1 ACTA), establish a consistent and workable framework for reading the two agreements together. Thus what may first appear to be gaps in ACTA may actually be filled by the TRIPS Agreement. That these gaps always seem to be those that establish safeguards or limits on rightholder action only emphasize the importance to the EU legislator of ensuring a proper reading of the two agreements together.
Da hat wohl jemand noch nie gelesen, was überall an der absurdistanischen Grenze in großen Lettern zu sehen ist: Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung auf Vernunft fahren!
The study finds that the letter of the agreement is not incompatible with the Acquis but that there are no guarantees that its implementation will be.
Dies ist das höchste Lob, das einem absurdistanischen Vertragswerk ausgesprochen werden kann: Dass es den Buchstaben nach zwar völlig in Ordnung geht, der Text aber so schwammig ist, das dies bei der tatsächlichen Umsetzung längst nicht so sein muss.
The Parliament may therefore wish to consider a need for a clarification of and guidance on how ACTA will be implemented especially the border and criminal enforcement measures as well as the in-transit procedures.
Hier ist schön zu erkennen, wie sehr die Erratische Union bereits zu einem Groß-Absurdistan geworden ist. Eine entsprechende Empfehlung sähe in Rationalistan so aus, dass entweder der Text entweder mit klarem Inhalt gefüllt oder für den Vertrag das folgende Musikstück angestimmt wird:

Wednesday, February 29, 2012

Absurdisbahn modernisiert Anzeigetafeln

Die Absurdisbahn Ltd., das ehemals staatliche Bahnunternehmen Absurdistans modernisiert das Anzeigesystem seiner Bahnhöfe. Aber Absurdistan wäre eben nicht Absurdistan, wenn dieser Umbau nicht in besonders aburder Weise realisiert würde. Unser Reporter F. Ace-Palm schoss auf dem Bahnhof der ehemaligen absurdistanischen Hauptstadt folgendes Foto:

Umbauarbeiten Absuridsbahn
Was sehen wir hier?
  • Das alte Anzeigesystem wurde bereits abgebaut, obwohl das neue noch nicht funktioniert.
  • Der Zugang zum Fahrkartenautomat wurde mit Hilfe von Absperrgittern verbaut.
  • Im Vordergrund ist überdies zu erahnen, dass auch ein Teil der raren Sitzmöglichkeiten durch die Gitter abgesperrt wurden.
Fazit: Die Umbauarbeiten erfolgen nach bester absurdistanischer Tradition.

Sunday, January 29, 2012

Des Rassisten liebste Formulierung

Heute möchte der Absurdistanische Landbote ein Blog vorstellen, das sich der Jagd auf des Rassisten liebste Formulierung verschrieben hat. Es ist deshalb für Bewohner Absurdistans lesenswert, weil es sehr eindrucksvoll zeigt, wie »Ich bin kein Rassist, aber …« oder »Ich bin kein Nazi, aber …« mit (un)schöner Regelmäßigkeit rassistische Äußerungen einleitet.

Das Blog ist unter der Adresse http://ichbinkeinrassistaber.tumblr.com/ zu finden und seine Selbstbeschreibung ist:
Ich bin kein Rassist, aber… – Dieser Satz nimmt selten ein gutes Ende. Was "keine Rassisten" und "keine Nazis" auf Facebook und Twitter sagen.

Tuesday, January 17, 2012

Mondpreis-Klüngel

Wer denkt, dass sich Parteien nur durch Spenden und öffentliche Mittel finanzieren, ist schief gewickelt. Da haben bei Parteitagen Stände in der Vorhalle höhere Standmieten als Stände bei internationalen Messen oder Preise für Anzeigen in Mitgliederpostillen sind angesichts der Reichweite (d.h. der Anzahl der Leser) der Druckwerke einfach nur esoterisch.

Einblicke in das Schattenreich der Parteienfinanzierung
Monitor 12.01.2012 - die Bananenrepublik

Die Preisgestaltung als absurd anzusehen ist die mit Abstand freundlichste Interpretation. Andernfalls muss man davon ausgehen, dass die Mondpreise als verdeckte Parteispenden dienen, die nicht als solche aufgeführt werden müssen – es gibt Einnahmen aus Sponsoring nicht einmal als eigenen Posten im Rechenschaftsbericht der Parteien. Geschweige denn, dass bei entsprechend großen Einnahmen offengelegt wird, wer der Partei diesen Betrag zukommen ließ.

Wie dem auch immer sein: Die Preisgestaltung sorgt dafür, dass nur diejenigen Unternehmen auf diesem Weg für sich werben und Kontakte zu Politikern pflegen können, die sich das nötige Kleingeld haben. Kleine und mittelständige Unternehmen (KMU), die in Deutschland traditionell eine wichtige Rolle spielen, können sich solche finanziellen Abenteuer nicht leisten und werden daher gegenüber Großunternehmen, die solche Preise aus der Portokasse finanzieren können, bei der Einflussnahme auf politische Entscheidungen benachteiligt.

So gesehen verwundert es dann nicht, wieso so oft politische Entscheidungen getroffen werden, die KMU gegenüber Großunternehmen (mitunter erheblich) benachteiligen.